Trüberbrook

PC

Das Rätsel-Adventure Trüberbrook ist das erste kommerzielle Spiel der bildundtonfabrik, die als Fernsehproduktion unter anderem das Neo Magazin Royale produziert. Als erfolgreichstes deutsches Crowdfunding-Spiel 2017 beendete es seine Kickstarter-Kampagne mit knapp 200.000 Euro. Die Hauptfigur ist Hans Tannhauser, junger Quantenphysiker aus den USA, den es ins abgelegene deutsche Dorf Trüberbrook in dern 1960‘er Jahren verschlagen hat.

Worum es eigentlich geht (Achtung, leichte Spoiler)

Der Spieler wird ohne große Einführung in die Geschichte von Trüberbrook geworfen. Der Prolog startet zwar mit der weiblichen Protagonistin Gretchen, danach steuert der Spieler aber bis zum Ende die Figur des Hans Tannhauser. Dieser hat bei einem Gewinnspiel eine Reise nach Trüberbrook gewonnen, einem kleinen Dorf irgendwo in der Mitte Deutschlands. Allerdings hat Tannhauser bei gar keinem Gewinnspiel mitgemacht. Gleich in der ersten Nacht bekommt er merkwürdig leuchtenden Besuch, der ihm seine Unterlagen stiehlt. Von dort aus entspinnt sich eine mäßig spannende, aber immerhin streckenweise unterhaltsame Science-Fiction-Geschichte.

Trüberbrook
Achtung, Spoiler: Diese Tankstelle aus dem Prolog taucht ganz am Ende nochmal auf.

Gute Sprecher, schlechte Technik

Namhaften Sprecher wie Nora Tschirner, Dominik Wirth, Jan Böhmermann und die Sänger Justin Beard sowie Dirk von Lowtzow der Band Tocotronic machen neugierig. Über weite Strecken kann das Spiel diesem hohen Anspruch auch gerecht werden. Nur selten und zu Beginn des Spiels klingen einige Dialogpassagen, als wären sie nicht im passenden Kontext aufgenommen worden und wirken dadurch deplatziert.

Unglaublich störend ist jedoch die Technik – nicht nur bei den Dialogen. Manche der gesprochenen Textpassagen lassen sich per Mausklick überspringen. Das ist praktisch, wenn man den Satz schon mehrmals gehört hat. Viele Gespräche lassen sich jedoch nicht überspringen, was zuweilen sehr nervig sein kann. Gerade bei einigen Rätseln, die durch Ausprobieren zu lösen sind, hält es unglaublich auf, wenn Tannhauser und seine Gesprächspartner die immer gleichen Sätze runterleiern, ohne dass der Spieler dem entkommen kann.

Schade, dass das Spiel nur äußerst selten darauf eingeht, wenn der Spieler einen Gegenstand mehrfach anklickt. Auch hier bekommt der Spieler immer die gleichen Antworten zu hören.

Die Optik – gut gemeint aber nicht gut

Die Grafik von Trüberbrook könnte etwas Besonderes sein. Die Entwickler werben damit, die Szenen von Hand als kleine Modelle gebaut und danach mittels Photogrammetrie ins Spiel übertragen zu haben. Was zunächst gut klingt, mündet aber in einer Grafik, die aussieht wie aus den späten 1990ern. Die Texturen skalieren nicht ausreichend hoch, um etwa bei einer – vom Spiel durchaus unterstützten – Auflösung von 1440p noch scharf zu sein. Der eigentlich schöne Modellbaueffekt kommt lediglich in der einen großen Zwischensequenzen am Anfang richtig durch, dort dafür umso eindrucksvoller.

Trüberbrook
Die KI in einer verlassenen Station versperrt Tannhauser den Weg.

Die Animationen der Spielfiguren sind gut und stimmig, etwa wenn Tannhauser eine Leiter von A nach B trägt oder sich an einem Seil herunterhangelt. Die Gesichts- und Mundbewegungen sind allerdings geradezu gruselig. Das Gesicht der Wirtin der Trüberbrooker Pension etwa sieht beim Sprechen aus wie das einer Gummipuppe. Da überrascht es auch nicht, dass der unter dem Bett gefundene „Massagestab“ ihr gehört.

Unverständliches Rätseldesign

Von Rätseln kann in den ersten drei Kapiteln des Spiels keine Rede sein. Das Kontextmenü bei Mausklick bietet automatisch die passenden kombinierbaren Gegenstände an, insofern der Spieler sie bereits eingesammelt hat. Der Blick ins Inventar ist dadurch komplett überflüssig. Das ist zwar komfortabel, führt aber auch dazu, dass der Spieler nicht im Geringsten selbst ausprobieren muss.  Aus „rätseln“ wird ein reines „alles einsammeln“. Wer sich noch ein bisschen Spannung aufrechterhalten möchte, könnte den Bildschirm mit der Maus nach benutzbaren Gegenständen abgrasen, anstatt diese mit der Leertaste hervorzuheben. Spätestens im zweiten Kapitel stößt das Spiel dem suchfreudigen Spieler aber derbe vor den Kopf. Dort nämlich liegt der nötige Hinweis im komplett schwarzen Randbereich der Szene.

Trüberbrook
Es gilt, einen Weg in das Bergwerg zu finden.

Die Logik nach der manche Hinweise zu finden sind, erschließt sich hingegen nur selten. Warum sollte etwa die Kombination für einen Safe in einer Dusche an der Wand stehen? Erklärt wird der Fundort auch später nicht. Allerdings muss sich der Spieler auch keine Gedanken machen, welche Gegenstände er mal mehr und mal weniger sinnvoll miteinander kombinieren kann. Denn das Spiel macht das ja alles automatisch, sobald alle Einzelteile eingesammelt wurden.

Ab Kapitel vier jedoch wird die Geduld des Spielers auf eine harte Probe gestellt. Es gilt vier Teile für eine Maschine zu finden. Doch auch wenn das Spiel es so aussehen lässt, kann Tannhauser die Teile nur nacheinander, nicht parallel finden. Im Gegenteil: Alle bereits besuchten Orte, angesprochenen NPCs und angeklickte Objekte zeigen das nötige Kontextmenü erst, wenn das gerade zu suchende Teil gefunden wurde. Welches das ist, verrät das Spiel aber nicht. Dadurch mündet das Spiel in einer regelrechten Klickorgie, bei dem man nach und nach alle Orte, Objekte und NPCs immer wieder der Reihe nach durchklickt.

Keine klare Zielgruppe

Die Einfachheit des Spiels und seiner Rätsel lässt eigentlich auf die Zielgruppe Kinder schließen. Dazu passt auch, dass es einen kinderfreundlichen Modus in den Optionen gibt, der das Rauchen aus dem Spiel verbannt. Die Gegenstände und Anspielungen im Spiel passen dazu allerdings längst nicht immer. Für Böhmermann typische SPD-Witze und anzügliche Dialoge über den „Massagestab“ dürften kaum den Humor von Kindern bedienen.

Technisch leider nur halbgar

Die Bedienung mit der Maus ist simpel, aber die anklickbaren Bereiche sind nicht immer einwandfrei definiert. So kann der Spieler einen Balkon mitsamt Alpenpanorama auch dann noch anklicken, wenn die Maus schon auf das Bücherregal zeigt. Das Spiel markiert die interaktiven Bereiche überdies nur mit einer dünnen gelben Linie, wenn die Maus darauf zeigt. Das wird dann zum Problem, wenn das betreffende Objekt vor einem von der Sonne hell erstrahlten Hintergrund liegt. Auch hier ist es hilfreich, alle benutzbaren Objekte auf Tastendruck hervorzuheben mit der damit verbundenen Reduzierung des Rätselanspruchs.

Trüberbrook
Mit dem selbstgebauten Raketenantrieb geht es bergab.

Insgesamt sind im Spiel noch sehr viele unfertige und halbgare Elemente. So verändert sich der Mauszeiger nur bei einem einzigen Szenenausgang in ein entsprechendes Ausgangssymbol. Dennoch öffnet sich beim Anklicken auch dort weiter stur das Kontextmenü, und der Ausgang muss „benutzt“ werden. Auch die Inkonsequenz, mit der einige Dialoge abgebrochen werden können, andere aber nicht, stört den Spielfluss immens.

Im vorletzten Kapitel bekommt der Spieler dann auch endlich eine Karte, mit der er per Schnellreise zu den Orten rund um Trüberbrook reisen kann – theoretisch. Denn die Karte kann nicht direkt aufgerufen werden. Und nicht jeder Szenenausgang aktiviert die Karte zuverlässig.

Fazit

Trüberbrook möchte vermutlich gerne ein Rätsel-Adventure mit dem Charme früherer Zeiten sein. Die Werbung mit Monkey-Island-Erschaffer Ron Gilbert zur Kickstarter-Kampagne spricht zumindest dafür. Doch wie auch Ron Gilbert mit Thimbleweed Park nicht an den Erfolg früherer Zeiten anknüpfen konnte, weiß auch Trüberbrook nicht so recht zu überzeugen.

Die Idee der „modellgebauten“ Grafik ist gut, aber technisch – und vermutlich dem verhältnismäßig kleinen Budget geschuldet – nur mäßig umgesetzt. Die Geschichte, die Trüberbrook erzählt, ist unterhaltsam. Sollten die Entwickler die technischen Macken der Spieloberfläche noch beheben, wäre viel gewonnen. Die Synchronsprecher wissen allesamt, was sie tun, Nora Tschirner als Gretchen hebt sich noch einmal deutlich von den übrigen Sprechern ab. Nur das gerade gegen Ende zu umständliche und lineare Rätsel-Design hemmt massiv den Spielfluss.

Disclamer: Wir haben den Key für das Spiel zur Verfügung gestellt bekommen und das Spiel noch einige Tage vor dem Release-Tag durchgespielt. Zwischenzeitlich sind zwei Updates bei Steam für Trüberbrook eingelaufen, deren Inhalt mangels Patch-Notes aber nicht überprüft werden kann. Auch legt das Spiel nur einen Spielstand pro Durchgang an, entsprechend umständlich ist es, frühere Abschnitte des Spiels erneut zu spielen.

Good

  • Idee der Modellbau-Spielwelt
  • Bekannte Synchronsprecher

Bad

  • Texturen auf hohen Auflösungen matschig
  • Rätsel am Ende arg umständlich und linear
  • Zahlreiche technische Macken der Benutzeroberfläche
5

Noch Okay

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