Halo Wars 2

Realtime strategy (RTS) auf der Konsole? Mit einem Controller? Geht das? Definitiv!

Aus dem Hause Microsoft kam dieses Jahr der Nachfolger des recht beliebten Strategiespiels Halo Wars aus dem Jahr 2009. Wo der erste Teil noch vor dem ersten Halo angesetzt war, setzt die Handlung des Nachfolgers kurz nach Halo 5: Guardians ein. Man kommandiert die Besatzung der Spirit of Fire und führt sie in den Kamp gegen die „Banished“, eine Rebellenarmee, die sich von der Unterdrückung der Covenant (den Erzrivalen der Menschheit) befreit haben – daher aber keinesfalls zu Alliierten werden.

Das Ganze findet auf einer „Ark“ statt, ein gigantisches Konstrukt im All, auf dem die namensgebenden Halos gebaut werden. Im Laufe der Handlung versucht man die „Banished“ daran zu hindern, die Kontrolle über die Ark und somit über die mächtigen Halos, zu erhalten. Ein wenig Vorwissen aus dem Halo Universum hilft also, man muss aber keinen Halo-Teil oder den Vorgänger gespielt haben, um der Handlung folgen zu können.

Kinoatmosphäre mit Wumms!

Die vorgerenderten Zwischensequenzen suchen ihresgleichen. Man könnte sie ohne Probleme aneinanderschneiden und am Stück als (kurzen) Film genießen. Selten habe ich mich so sehr mit den dargestellten Charakteren verbunden gefühlt – allen voran der AI Isabel und Captain Cutter. So ist auch der Einstieg in Halo Wars 2 sehr episch inszeniert. Auf eine lange, bombastische Introsequenz folgt eine kurze Einführungsmission und wieder eine längere Animationssequenz. Die hochwertigen Renderfilmchen werden im Verlauf der Kampagne zwar deutlich zurückgefahren und durch In-Game Sequenzen und Dialoge ersetzt. Dafür freut man sich aber umso mehr jedes Mal, wenn man sich für ein paar Momente zurücklehnen und das Spektakel genießen kann.

Solo hui, Multi auch

Apropos Kampagne: Diese ist mit 13 Missionen vielleicht kürzer als manchem lieb ist. Trotzdem unterhält sie über mehrere Stunden blendend und wird mangelnds Längen nie nervig. Das Missionsdesign ist sehr abwechslungsreich und reicht vom Standard „Baue Basis und vernichte Gegner“, über „Keine Basis, Wenige Einheiten, Deal with it!“ zu „Überlebe X Wellen an Gegner“ und „Nehme Y Anzahl an Flaggen/Generatoren/etc. ein und generiere mehr ‚Punkte‘ als der Gegner“.

Die Kampagne endet mit einem akzeptablen Cliffhanger, der wahlweise auf Story-DLCs oder einen baldigen Nachfolger hoffen lässt.

Beim Multiplayer verlässt man sich größtenteils auf altbewährtes, wie etwa die Jagd auf Kontrollpunkte. Einzig der neue „Blitz“ Spielmodus ist eine interessante Neuerung. Auf Basis eines Kartenspiels setzt man vor Spielbeginn seine Armee zusammen und „spielt“ diese im Verlauf der Partie. Neue Karten-Packs erhält man durch Siege in der Solo-Kampagne, sowie durch Multiplayerschlachten – und auch mit Echtgeld im Shop.

Steuerung ist alles!

Es ist schon ein nicht ganz alltägliches Projekt, wenn man als PC-Gamer erster Stunde mit Titeln wie dem ersten Command and Conquer aufgewachsen ist – und dann ein Echtzeit-Strategiespiel auf einer Konsole testen soll. Umso befriedigender ist es dann zu sehen, dass das sehr gut klappen kann – wenn man akzeptiert ein paar gewohnte Konzepte über Bord zu werfen.

Die Umgewöhnung bei der Steuerung von Ego-Shootern war bei meinem Wechsel „PC zu Xbox“ schon dermaßen entsetzlich, dass ich kurz geschockt war, als ich mit der physikalischen Xbox Disc von Halo Wars 2 nicht das viel umworbene „Play Anywhere“ Feature nutzen konnte. Das geht nur mit digital erworbenen Titeln.
Ich MUSSTE also komplett auf der Xbox zocken – es gab keine Alternative. Inzwischen weiß ich: Das war ganz gut so.

Wie schon bei Star Trek: Online verblüfft es mich, wie gut sich ein Game mit komplexer UI auch am Gamepad bedienen lässt, wenn der Entwickler sich Mühe gibt und alle Funktionen komplett neu für Konsolenspieler durchdenkt. Oder wie im Falle von Halo Wars eh von Anfang an auf die Konsole setzt.

Play anywhere ja, Crossplay nein!

So ist es ein leichtes, etwa mit Einheiten verschiedene Schnellwahl-Gruppen zu definieren, alle Truppen des gleichen Typs anzuwählen oder schnell zu den einzelnen Basen und Armeen zu springen. Alles Vorgänge, über die man sich am PC nicht viele Gedanken macht, weil man es seit Jahrzehnten gewohnt ist. Die Umsetzung am Gamepad wirkt aber nicht weniger elegant.

Dass man mit einer Maus aber dennoch deutliche Vorteile hätte, wird an der fehlenden Crossplay-Unterstützung deutlich. Konsolen- und PC-Spieler können also nicht zusammen bzw. gegeneinander in die Schlacht ziehen. Man kann aber durchaus an seiner Xbox ein Spiel beginnen und es (etwa am Laptop im Zug) später an seinem Windows Gerät fortsetzen – Play Anywhere sei Dank.

„Strategie Light“ oder genau richtig?

Darüber hinaus wird am allgemeinen Gameplay deutlich, dass Halo Wars nach wie vor ein eher „entschlacktes“ Strategiespiel für Konsolen ist: Hardcore StarCraft oder MOBA Spieler werden bei Komplexität und Anspruch der Schlachten und Missionen nur müde lächeln. Das kann man aber auch positiv sehen und allgemein unter „gesteigerter Komfort“ verbuchen.

Es ist kein Micromanagement der Einheiten nötig, weil diese sich meist schlau genug anstellen. So greifen sie automatisch an, sobald jemand in Schussweite ist und können auch in Bewegung weiter auf Gegner feuern, weshalb man deutlich weniger Klicks benötigt. Wenn man einer Gruppe aus unterschiedlich schnellen Einheiten einen Marschbefehl verpasst, orientieren sich alle an der Geschwindigkeit der langsamsten Einheit – meist also der Infanterie. Auf diese Weise kommen alle gleichzeitig beim Gegner an.

Ein stets sichtbares Menü am Bildschrimrand zum Bau von Einheiten und Gebäuden werden geübte Strategiespieler ebenso vermissen, wie einen freien Basisbau. Neue Truppen kann man ausschließlich mit einem Klick auf das entsprechende Gebäude in Auftrag geben und neue Gebäude nur an vorgegebenen Stellen errichten. Weitere Indizien dafür, dass die Steuerung für Gamepads simpel gehalten wurde – etwas, das PC Spieler nerven könnte aber nicht muss.


Hübsch und Laut

Aufgrund der Vogelperspektive reißt Halo Wars grafisch keine Bäume aus, ist aber trotzdem hübsch anzusehen und sehr detailliert gestaltet. Die abgebildeten Screenshots sind vom Entwickler und eher gestellt und manchmal leicht geschönt. Trotzdem geben sie die Grafik recht gut wieder. Die überzeugenden Animationen der Einheiten kommen auf diese Weise leider nicht ganz rüber.
Auch beim Sound gibt es nicht allzu viel zu vermelden, außer dass der bekannte Halo Soundtrack immer noch genauso mitreißend ist wie zuvor. Nette Details, wie gelegentliche Gespräche der eigenen Truppen untereinander runden das ganze ab.

 

FAZIT

Halo Wars 2 bietet eine spannende Kampagne mit soliden Schlachten – beides wird großartig inszeniert. Die Atmosphäre ist neben den abwechslungsreichen Missionen der größte Pluspunkt für Solospieler.
Multiplayer Schlachten versprechen mit dem unkonventionellen Blitz-Modus und dem damit verbundenem sammeln von Karten-Decks ausreichend Langzeitspaß.
Alles in allem ein Grund für mich, mir den verpassten ersten Teil zuzulegen 😉

Good

  • Fantastische Präsentation
  • Auch mit Gamepad toll zu steuern
  • Interessante Charaktere

Bad

  • Für Konsole vereinfachtes Gameplay
  • Am PC etwas ungewohnte Bedienung
8

Gut

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