Kingdom Come: Deliverance

Mit Kingdom Come: Deliverance haben wir uns das Mittelalter-Abenteuer aus dem Hause Warhorse Studios auf dem PC angeschaut. Wie uns der Titel gefallen hat und ob dieser dem aufkommenden Hype gerecht wird haben wir für euch in unserem aktuellen Testbericht herausgefunden!

Willkommen im idyllischen Böhmen
Kingdom Come: Deliverance führt die Spieler geschichtlich in eine mittelalterliche Szenerie, welche zunächst wahrlich bezaubernd und fesselnd wirkt. Genauer gesagt sogar in das Jahr 1403 im beschaulichen Böhmen. Wir schlüpfen in die Rolle eines Jünglings namens Heinrich, welcher als Sohn des Meisterschmieds einen gewissen Bekanntheitsgrad im schönen Skalitz genießen kann. Im hauseigenen Tutorial werden wir anfänglich mit den Träumen des Jungen konfrontiert, welcher stets von den Abenteuern in der weiten Welt träumt. Dieser Wunsch stößt allerdings auf das Unverständnis des eigenen Vaters, der nur vor den Gefahren warnen kann und uns zur Besinnung bringen möchte. Doch aus dem einstigen Traum wird schon nach kurzer Zeit zu einem völligen Desaster, nachdem unsere friedliche Siedlung von einem Söldnerheer des Königs völlig überrannt und niedergebrannt wird. Bei diesem Chaos mussten wir selber mit ansehen, wie unsere Eltern hingerichtet werden und wir nur mit Glück und völlig entkräftet entkommen konnten.

Das Kingdom Come: Deliverance so schnell an Fahrt aufnehmen wird haben wir zu dieser frühen Spielzeit noch nicht annähernd erwartet. Insbesondere weil der Start durchaus friedlich und harmonisch gewirkt hat. Mit dieser schnellen Wendung hat das Entwicklerstudio Warhorse Studios zumindest schon sehr schnell die harte Zeit des Mittelalters realitätsnah darstellen und in Szene setzen können. Daher waren wir nicht nur von der sehr detailreich dargestellten Umgebung fasziniert, sondern auch von den Emotionen, welche dadurch übermittelt wurden.

Mit letzter Kraft konnten wir dem eigenen Tod nur knapp entrinnen und haben Schutz in einer benachbarten Burg gefunden, wo unser eigentliches Abenteuer nun tatsächlich beginnen wird. Auch wenn Heinrich sich dies wahrscheinlich komplett anders vorgestellt und gewünscht haben dürfte. Erwachsen werden im Mittelalter ist eben nicht leicht gewesen und das spürten wir seitdem in jeder einzelnen Spielminute.

Rollenspiel ohne Heldencharakter
Was vielen Spielern im Vorfeld durchaus bekannt sein dürfte ist, dass Kingdom Come: Deliverance ein Rollenspiel mit Tiefgang darstellt. Jedoch mit dem Unterschied, dass Heinrich kein heimlicher Held, Auserwählter oder ähnliches darstellt, sondern lediglich ein Junge, bei dem das Schicksal hart und schnell zugeschlagen hat. Und gerade dies lässt das Spiel so realistisch und ehrlich erscheinen, was durchaus für eine Menge Spannung sorgen wird. Dementsprechend werden wir auch nicht auf Zauber oder Sonstiges stoßen, sondern sind nur auf unsere eigenen Fähigkeiten angewiesen. Diese können natürlich, wie es sich für ein Rollenspiel gehört, individuell erweitert werden. Auch obwohl wir keinen eigenen Charakter erstellen können, sondern lediglich einen vorhandenen nach unserem Belieben formen müssen. Gerade die fehlende Möglichkeit der eigenen Charaktererstellung stößt bei dem einen oder anderen Spieler vielleicht negativ auf, was wir allerdings als durchaus positiv empfunden haben. Denn wie schon erwähnt werden wir in keine Heldenrolle schlüpfen, der das Land vor dem Untergang retten muss.

Zudem muss man anmerken, dass auch viele Survival-Mechaniken den Weg in das Mittelalter-Rollenspiel gefunden haben. Darunter zählen zum Beispiel Hunger, Ausdauer sowie auch die Müdigkeit, auf welche der Spieler stets achten soll. Denn diese beeinflussen den Erfolg von Heinrich in seinen Abenteuern maßgeblich. Neben diesen Features wird es zusätzlich auch einen Tag-Nacht-Wechsel geben, welcher weitere Möglichkeiten in das Spiel integrieren wird. Denn manche Quests können nur zu bestimmten Tageszeiten erfüllt werden. An manch einer Stelle bekommen wir damit auch eine gewisse Zeit vorgesetzt, welche zur Beendigung manch einer Quest wichtig sein wird. Damit ist die Tiefe von Kingdom Come: Deliverance allerdings noch nicht erreicht, denn es wird noch weitere kleinere Feinheiten geben, auf welche der Spieler achten muss.

Unter anderem ist hierbei das optische Aussehen des Charakters ebenso von großer Wichtigkeit. Zumindest im Bezug auf das Auftreten anderer Gegenüber. Sollten wir aus vergangenen Kämpfen blutverschmiert oder gar mit einigen Verletzungen gekennzeichnet sein werden wir einen anderen Einfluss im Dialog mit NPC’s haben, als wenn wir ohne Makel auftreten. Diese Dialoge sind auch für den Fortgang der Geschichte sehr wichtig, da wir sehr viele Wege bestreiten können. Für welchen wir uns lediglich am Ende entscheiden bleibt uns komplett selber überlassen. Jedoch sollte man sich dies gut überlegen, da man sich (je nach Entscheidung) auch manch eine Quest deutlich erschweren kann. Auch interessant wurde die Art der Interaktionen umgesetzt, so dass wir uns zum einen zwar in der Redekunst verbessern können. Treten wir jedoch Adeligen gegenüber patzig auf, werden wir recht schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass wir lediglich der Sohn eines Schmiedes sind und keinen Adelstitel haben. Durch die darauf folgenden Konsequenzen konnten wir uns allerdings sehr gut in die Rolle unseres Charakters hineinversetzen.

Wie ist das Questsystem aufgebaut?
Mit den soeben angesprochenen Möglichkeiten bietet Kingdom Come: Deliverance Rollenspiel-Liebhabern natürlich eine sehr große Bandbreite. Der eigentliche Verlauf der Hauptstory wird zwar grundsätzlich vorgegeben, dennoch werden wir verschiedene Wege haben, um letzten Endes an das Ziel zu gelangen. Es kann demnach durchaus vorkommen, dass sich beispielsweise unser erster Lösungsweg aus Fehler entpuppt. Dies kann aber durchaus weitere Lösungswege zur Folge haben, mit welchen wir zunächst nicht gerechnet hätten. Hinzu kommen zahlreiche weitere Nebenquests, die für viele weitere schöne Spielstunden sorgen werden. Jedoch sollten wir stets auf die Questdetails achten, da manch eine Aufgabe nur in einem bestimmten Zeitfenster erledigt werden kann. So kann es vorkommen, dass wir eine Quest nur in den frühen Morgenstunden beginnen können. Sollten wir diese Zeit verschlafen (oder nicht vor Ort sein) wird die Nebenquest automatisch beendet sein, da der NPC nicht auf uns warten wird. Auch das bringt einen weiteren Realismus in diesen Titel, welcher für eine gewisse Begeisterung sorgen kann.

Anspruchsvolles Gameplay
Für viele Spieler könnte es durchaus erschreckend sein, dass wir in Kingdom Come: Deliverance nicht zu Beginn gleich auf ein großes Waffenarsenal zurückgreifen können. Dieses muss man sich erst im fortlaufenden Spiel nach und nach aufbauen, so dass man sich in der freien Wildnis ohne Probleme durchschlagen kann. Dazu zählt natürlich auch das ausgeklügelte Kampfsystem, welches vielleicht nicht den größten Zuspruch finden wird. Der Hintergrund liegt hierbei jedoch darin, dass dieser nicht einfach zu handhaben ist. Im direkten Zweikampf haben wir nämlich die Möglichkeit den Gegner aus fünf verschiedenen Richtungen zu attackieren, wobei auch auf Kombos zurückgegriffen werden kann. Das Blockverhalten ist eigentlich identisch aufgebaut, jedoch mit der Schwierigkeit, dass man auf die Angriffe der Gegner intuitiv und schnell reagieren muss. Anderenfalls werden wir den ein oder anderen Schlag einstecken müssen.

Das Kampfsystem ist zwar gut umgesetzt worden, aber nicht einfach zu erlernen. Dadurch ist der Schwierigkeitsgrad entsprechend hoch angesetzt, insbesondere wenn wir uns gleichzeitig mit mehreren Gegnern in den Kampf stürzen. Aber auch an dieser Stelle finden wir dieses System sehr gut umgesetzt, da dadurch der Realismus sehr gut dargestellt wird. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass wir eigentlich nur der Sohn eines Schmiedes sind, welcher absolut keine Kampferfahrung hat und sich diese noch aneignen muss. Genauso verhält sich auch das Kampfsystem, welches wir von der Pike an erlernen müssen, um wie ein wahrer Ritter zu kämpfen. Schön ist es zudem auch, dass wir dadurch einzelne Fähigkeiten erlernen können, wenn wir auf eine bestimmte Waffe zurückgreifen. Nutzen wir somit hauptsächlich das Schwert im Zweikampf können wir damit im Laufe des Spieles zwar sehr gut umgehen, wechseln wir jedoch auf einen anderen Waffentyp (welches nie Verwendung gefunden hat) werden wir uns wieder wie ein Anfänger verhalten. Als ein nettes Beispiel kann man auch den Faustkampf nennen. Desto öfter wir uns prügeln sollten, desto eher werden wir aus späteren Kämpfen als Sieger hervorgehen. Es ist einfach wundervoll, dass ein Singleplayer-Spiel diese Grundelemente wieder aufgegriffen hat.

Das anspruchsvolle Gameplay wird nicht nur im Kampfsystem und der eigentlichen Fähigkeitsaufwertung deutlich, sondern auch bei anderen Skillungen. Selbst in der Alchemie können wir vieles erlernen, was die Möglichkeiten in Kingdom Come: Deliverance fast unendlich erscheinen lässt. Was wir aber an dieser Stelle besonders positiv anmerken wollen war unter anderem die Option, dass man Heinrich das Lesen beibringen kann. Dieses aufgebaute Wissen kann sehr häufig genutzt werden und lässt das Spiel noch einmal deutlich abwechslungsreicher erscheinen. Interessant ist auch die Umsetzung des Erlernens selber, denn wir werden unsere Fähigkeit dahingehend nicht einfach nur Level-basierend aufwerten können, sondern müssen diese Fähigkeit nach und nach aufbauen, indem wir Bücher lesen. Den Lernfortschritt erkennt man nicht an einem einfachen Zahlenwert, sondern ist direkt sichtbar sobald wir ein Buch aufschlagen. Anfänglich werden wir dahingehend nur eine sinnlose Buchstabenreihenfolge erkennen können. Im Laufe der Zeit werden einige Wörter lesbar, bis wir dies entsprechend weiter ausbauen. Irgendwie erkennt man den Rollenspielfaktor schon sehr deutlich, welches wir bei manch einem anderen Titel vergeblich gesucht haben.

Synchronstimmen, Dialoge und kleinere Schwächen
Wir haben die deutsche Sprachausgabe von Kingdom Come: Deliverance getestet und waren schier begeistert von der deutschen Synchronausgabe. Diese wurde nämlich sehr professionell und glaubwürdig in das Mittelalter-Abenteuer integriert. Er macht einfach nur Spaß den verschiedenen Tonausgaben zu lauschen, welche die wirklich gut aufgebauten Dialoge zusätzlich noch untermalen. Entsprechend macht auch jede noch so kleine Nebenquest eine Menge Spaß. Bei vielen Konkurrenztiteln haben wir uns nämlich des Öfteren gerne auf die eigentliche Hauptquest beschränkt, wenn sich die Tonausgabe als Katastrophe herausgestellt hat.
Wo jedoch die Dialoge sowie die deutsche Sprachausgabe sehr gut umgesetzt wurden erscheinen die Ladezeiten zu einzelnen Gesprächen leider viel zu lang. Dies hätte man sicherlich weitaus besser umsetzen können, da durch diese gezwungenen Pausen auch etwas Frust aufkommen konnte. Vor allem, wenn man ausversehen den falschen NPC angesprochen hat. Ein weiterer negativer Aspekt bezieht sich auf die Lippensynchronisation selber, denn diese wirkt leider nicht Synchron zur deutschen Sprachausgabe und wirkt daher etwas merkwürdig.

In der Urfassung des Spieles gab es auch noch einen weiteren Nachteil im Speichersystem. Denn anfänglich konnten wir den Spielstand nur durch das Trinken eines Rettungsschnappses speichern. Zwar speichert das Spiel automatisch an einigen Schlüsselstellen – zum Beispiel bei Abschluss einer Quest – Nichts desto trotz haben wir oftmals einen längeren Spielabschnitt wiederholen müssen, weil wir in einen unglücklichen Kampf hineingezogen wurden, oder ausversehen eine falsche Entscheidung getroffen haben, welche wir nicht so schnell hätten Rückgängig machen können. Auch kleinere Spielabstürze haben uns in unserem Test öfters heimgesucht. Dies sorgte zudem für eine gewisse Frustration, vor allem wenn wir dadurch einen längeren Abschnitt gezwungenermaßen erneut bestreiten mussten.

Fazit:
Mit Kingdom Come: Deliverance ist meiner Meinung nach ein wahrliches Meisterwerk veröffentlicht worden, welches viele klassische Rollenspiel-Elemente in sich vereint hat. Insbesondere der höhere Schwierigkeitsgrad sorgte zwar bei vielen Spielern für Frust und Ablehnung, was ich allerdings als eine der Stärken angesehen habe. Denn wir verkörpern mit Heinrich keinen Helden, sondern einen einfachen Sohn eines Schmiedes, der keine Kampferfahrung oder ähnliches besitzt. Das Learning by Doing wurde dahingehend sehr gut in die Thematik des Spieles integriert, so dass wir nicht nur unsere Kampffähigkeiten mit diversen Waffen erlernen mussten, sondern auch viele Softskills nicht von Anfang an zur Verfügung standen. Hinzu kommt noch die geniale deutsche Synchronfassung kombiniert mit süchtig machenden Dialogen, die durch die gelungene Hintergrundgeschichte auch die Atmosphäre im Mittelalter deutlich in den Vordergrund geschoben haben.
Wer auf der Suche nach einem gut durchdachten und nicht vorgekauten Rollenspiel (mit einem höheren Schwierigkeitsgrad) ist wird mit Kingdom Come: Deliverance durchaus viele Spielstunden an Spaß haben.

Good

  • Schön inszenierte Mittelalter-Atmosphäre
  • Abwechslungsreiches Questdesign
  • Gelungene deutsche Synchronisation
  • Individuelle Charakterformung
  • Detaillierte Open-World Umgebung
  • Anspornendes Kampfsystem

Bad

  • Keine Lippensynchronisation
  • Kein freies Speichern (wurde gepatcht)
  • Längere Ladezeiten vor Dialogen
  • Häufige Grafikfehler und Bugs
9

Fantastisch

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