Metal Gear Survive

Fans der Metal Gear Reihe waren von Anfang an nicht gut auf Metal Gear Survive zu sprechen. Serienvater Hideo Kojima hatte Konami den Rücken gekehrt, also keinen Einfluss auf das Spiel. Und im angekündigten Metal Gear Spin Off sollte zudem keiner der bekannten Helden eine Rolle spielen. Fans haben also nur wenige Anknüpfungspunkte – Neueinsteiger müssen dafür kein Vorwissen mitbringen.

Kein (Big) Boss

Mein erster Kontakt zur Serie war MGS5 am PC und ich hatte sehr viel Spaß. Das Gameplay war unterhaltsam, die Grafik nett anzusehen. Daher fand ich Konami’s Idee nicht schlecht, die sehr gute Fox Engine und deren Grafik-Assets in einem neuen, kostensparenden Ableger zu verwursten. Mir lag eh nicht viel an den Metal Gear Charakteren und den abstrusen Stories. Also war ich der Meinung, dass man mit einer derart guten Grundlage und einem frischen Szenario mit wenig Mühe durchaus ein passables Spiel zaubern könnte. Doch Konami wollte mich da eines Besseren belehren.

Die MG Titel sind bekannt für verschwurbelt konstruierte und ausufernd erzählte Stories mit B-Movie Charme und viel „Cheese“ wie man im Englischen sagen würde. Doch Survive wirkt wie die B-Movie Version eines B-Movies. Wie ein selbstgedrehten Fanfilm. Vieles erinnert an die großen Vorbilder und sieht stellenweise auch aufwändig aus. Aber unterm Strich lässt vieles zu wünschen übrig – schon das Setting „Einzelkämpfer wird in eine Parallelwelt lauter dummer Zombies geworfen und muss überleben“ überzeugt an keiner Stelle.

Mehrere Minuten starrt man im Intro auf diese Überwachungsmonitore

Die enorm lange Intro-Sequenz mit ihren langatmigen Dialogen und teils irritierender Präsentation, lässt einen kurz denken, man würde gleich in einen echten Metal Gear Nachfolger starten. Hat man das Intro überstanden begrüßen einen die aus MGS5 bekannte Steuerung und Soundeffekte, besonders bei den (schwer zu navigierenden) Menüs. Doch sobald man in das Core-Gameplay eingeführt wird, kann man sich ein „das meinen die nicht ernst, oder?“ an vielen Stellen nicht verkneifen.
Das fängt bei den „Survival“-Elementen an, die notdürftig auf das MGS5 Grundgerüst gestülpt wurden:
Alle paar Augenblicke geht dem eigenen Charakter die Puste aus und er kann nicht weiterlaufen.
Kurz darauf melden sich die Anzeigen für Hunger und Durst, um die man sich kümmern muss. Da es einige Spielstunden dauert, bis man die „Technologie“ zum Abkochen von Wasser erhält, muss man bis dahin verseuchte Flüssigkeiten zu sich nehmen, also am besten immer genug Magen-Darm-Medikamente dabeihaben. Nahrung aufzutreiben ist besonders am Spielanfang recht aufwändig, da entsprechende Quellen rar sind. Dabei kommt kein richtiges Survival-Feeling auf – es nervt einfach nur und hält einen vom Erkunden der Welt ab und vor allem von jeglichem Spielspaß fern.

Im Blindflug

Stichwort Erkundung: Hier erlebt man beim Spielen schon sehr früh eine der dämlichsten Design-Entscheidungen der letzten Jahre:
Mit Ausnahme der eigenen Basis und kleinerer Safe-Zones ist die gesamte Welt von Metal Gear Survive in den „Dust“ gehüllt – quasi einem Dauer-Sandsturm. In der Praxis bedeutet das erstmal eine weitere nervige Anzeige – Sauerstoff. Geht der zur Neige während man sich im Dust aufhält, verliert man kontinuierlich Gesundheitspunkte. Das reduziert also drastisch die Zeit, in der man sich in den Gebieten außerhalb der sicheren Sektoren aufhalten kann. Aber eigentlich stört das nur bedingt – ist doch die Sichtweite im Dust auf wenige Meter reduziert. Hinzu kommt, dass Minimap und Kompass im Dust nicht funktionieren – man ist also fast komplett blind unterwegs. Vielleicht wurde diese Design-Entscheidung auch getroffen, um zu verbergen, dass wirklich nur die langweiligsten und hässlichsten Landschaften aus MGS5 übernommen wurden.

Viel weiter kann man im „Dust“ nicht schauen

Bei Kampfsystem und Gegnervielfalt sieht es ähnlich mies aus. Strunzdumme Zombies mit miserabler KI sind die einzigen Gegner. Zwar gibt es ab und zu mal ein paar Sonderformen, etwa klobige Bomben auf zwei Beinen, aber die Gattung „langweiliger Standard-Zombie“ stellt ca. 95% der Gegnermassen.
Um mit den dummen, aber zahlreichen Feinden klarzukommen, kann man zuvor gecraftete Befestigungsanlagen auf Knopfdruck in die Landschaft stellen. Das ist anfangs sogar recht unterhaltsam, wird aber schnell langweilig. Das beste: Ein Tutorial ermutigt den Spieler dazu, die fehlende Intelligenz der Zombies auszunutzen und etwa einen Metallzaun vor sich aufzustellen um im Anschluss mitanzusehen, wie die Gegner stehenbleiben und versuchen, einen durch das kleine Stück Maschendraht zu erwischen – anstatt kurz drum herum zu laufen. Das soll man dann ausnutzen, um die Gegner Stück für Stück z.B. mit einem Speer durch den Zaun hindurch zu erledigen.

Müder Multiplayer Modus

Das ist vor allem bei den vielen Missionen eine brauchbare Taktik, wenn es darum geht, ein stationäres Ziel zu verteidigen und von allen Seiten Horden an Zombies anstürmen. Genauso darum geht es dann auch im Multiplayerteil von Survive, den man im Koop mit Freunden bestreiten kann. Wie im Hauptspiel macht das ganze 2-3 mal durchaus etwas Spaß, wird dann aber sehr schnell öde. Da es auch der einzige Modus ist abseits des Solo-Teils ist, bekommt man also auch hier nicht viel für sein Geld.

Zombies durch Zäune bearbeiten gehört im Hauptspiel sowie im Multiplayer zu den Hauptaufgaben

Parallelwelt Crafting

Neben den dürftigen Survival-Mechaniken ist der Rest des Crafting-Systems ganz annehmbar. Während man im Feld unterwegs ist, sammelt man sämtliche Rohstoffe und Materialien ein, die sich mitnehmen lassen. Das sind dann sogar ganze Stühle oder mehrere Säcke mit Zement. Zurück in der eigenen Basis bastelt man hieraus neue Ausrüstungsgegenstände wie Waffen, Kleidung oder die bereits erwähnten Befestigungsanlagen. Diese kann man nicht nur zu Fuß im Feld platzieren, sondern in einem gesonderten (schrecklich zu steuerndem) Baumodus auch um die eigene Basis herum. Dies wird im Verlauf des Spiels mehrmals wichtig, wenn wieder einmal die bekannten stumpfen Zombiehorden auch mal das eigene Hauptquartier angreifen.

Die Story wird meist durch langatmige Dialoge mit vertonten Textboxen vorangetrieben.

Motivationsarmut

Die Story von Survive wird hauptsächlich in eeeeeeeewig langen Textbasierten Dialogen erzählt, bei denen man jeden Absatz weiterklicken muss. Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Nachdem man in der Zombiewelt gestrandet ist, sucht man zusammen mit Verbündeten nach einem Weg nach Hause. Die Story-Kampagne endet in einem großen Bossfight, der aber im Kern wieder nur aus mehreren Verteidigungsschlachten gegen zahlreiche Zombiehorden besteht. Am Ende bleibt man SEHR unbefriedigt zurück, denn man schafft es nicht mal aus der Zombie-Dimension heraus.
Das passt aber ganz gut zum Verlauf der Geschichte, die einen das ganze Spiel über kaum motiviert, sich dem nervigen Dust und den ganzen Survival-Anzeigen wie Hunger und Sauerstoff auszusetzen.

Fazit: Eine einzige Enttäuschung

Es hätte so toll werden können.
Mein Erstkontakt mit Metal Gear Survive war auf der Gamescom, wo mich der gezeigte Koop Modus durchaus begeistert zurück ließ. Das fertige Spiel überzeugt aber absolut nicht und ist nur für beinharte Survival-Fans geeignet, die sich eh nicht an dünner Story und miserablen Präsentation stören. Solche Spieler, die mit an Masochismus grenzendem Eifer die ganzen Sammelaufträge und Verteidigungsmissionen durchstehen. Besonders am PC kämpft man zudem mit der Bedienung: Die Menüs waren schon in MGS5 eher gewöhnungsbedürftig, in Survive sind sie aber eine Zumutung – vor allem der Baumodus im Hauptquartier steuert sich fürchterlich.
Der großartige videogamedunkey fasst nochmal sehr schön meine Gefühle zusammen:

Good

  • Irgendwie schon ein wenig "Metal Gear" Feeling
  • Koop macht mit Freunden kurzzeitig Spaß

Bad

  • Trotz Fox Engine nicht schön anzusehen
  • Komplizierte und schwer zu bedienende Menüs
  • Unbefriedigendes Ende
  • Müde Story
  • Sehr zähes Gameplay
  • Nervige Survival-Anzeigen
  • Langweilige Gegner
6

Ausreichend

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