Oriental Empires

PC

Ach, die alte Zeit. Wie gerne erinnere ich mich daran, als ich erstmals eine Rundenstrategie in Händen hielt.
Civilization II hieß meine damalige große Liebe. Die Sogwirkung die dieses Spiel auf mich ausübte war unglaublich groß, nichts zuvor konnte mich so lange am Bildschirm fesseln. Stunde um Stunde flog dahin, der Tag rannte davon und die Nacht kam überraschend. Damals als man noch die Einheiten stacken konnte, um seine schwachen Belagerungswaffen zu schützen und eine schier unaufhaltsame Masse erschuf, mit dem Ziel den Gegner auszulöschen.
Aber wieso erzähle ich euch das? Ganz einfach, mit Oriental Empires haben wir ein Spiel, welches dem Prinzip von Civilization so ähnlich ist, dass es sich damit vergleichen lassen muss. Kann es mithalten oder verliert es auf halber Strecke? Lasst es uns herausfinden.

Wie der Name schon vermuten lässt, spielt man hier nicht verschiedene Völker der ganzen Welt, sondern spezialisiert sich in kleinerem, der chinesischen Region. Man hat 15 verschiedene Völker zur Wahl, 10 von ihnen müssen erst freigespielt werden, indem man 120 Runden spielt. Wer glaubt, das sei viel, irrt. Man kann die Rundenzahl anpassen, bis zu 9950 Runden sind spielbar oder aber auch unendlich lange, indem man die 0 in der Rundenzeit angibt. Leider kann man keine Zahl eingeben, sondern muss auf das Pluszeichen drücken, immer und immer wieder. Man kann nicht drauf bleiben, man muss klicken und klicken und klicken.
Hat man sich für ein Volk entschieden und Rundenzeit sowie Schwierigkeit angepasst, kann es losgehen. Zu jedem Volk gibt es einen Text, der so klingt, als sei er historisch korrekt, was mir ganz gut gefällt.

Frohe Stapelei

Je nach Volk landet man auf einem anderen Teil der Karte, man bekommt seine Standort mitgeteilt und die Möglichkeiten zum Expandieren. Ein Dorf hat man bereits zur Verfügung sowie einen Siedler und den Anführer der Fraktion. Diese besonderen Einheiten wie der Fraktionsanführer können im Spiel altern und sterben sowie sich weiterentwickeln durch Kampf oder über Zeit. Dabei verfügt er über den Ren-Wert, der Unruhen verringert in Städten und Moral erhöht in Stapeln sowie den
Qi-Wert der die Kampfkraft in Stapeln, in die er sich befindet, verstärkt. Und ihr habt richtig gehört, man kann Einheiten stapeln, ganz so wie es früher in Civilization möglich war, wobei nicht ganz. Nur ein Stack von 8 Einheiten ist möglich.

Der erste Blick im Spiel hat mir sehr gut gefallen, es verfügt über einen realistischeren Look. Und es ist hübsch anzusehen, das Gras, die Bäume, die Menschen. Leider gibt es keinerlei Bewegung, raschelndes Gras, im Wind wehende Blätter hätten noch mal einen Tacken mehr Atmosphäre reingebracht. Die Menschen bewegen sich zumindest leicht, sie nicken mit dem Kopf oder schauen sich um. Die Berge sind dagegen eher hässlich.

Siedlungen im Detail

Wichtig ist im Spiel zu expandieren und sich um seine Dörfer zu kümmern die sich zu Städten und Großstädten ausbauen lassen. Da das Spiel in einer frühen Epoche spielt, besteht eine Großstadt schon ab 100 Bewohnern. Im Siedlungsmenü gelangt man durch einen Klick auf die entsprechende Siedlung . Dort befiehlt man seinen Bewohnern Bauernhöfe oder Straßen zu bauen, Land zu räumen oder aber externe Gebäude zu errichten. All diese Arbeit machen aber die Einwohner unglücklich, man sollte ihnen also auch ein paar Runden Pause gönnen, ansonsten breiten sich Banditen aus, die unter anderem Bauernhöfe zerstören und das Wachstum einer Stadt zum Stillstand bringen können. Außerdem revoltieren irgendwann deine Bewohner und man verliert die Stadt und bekommt einen Gegner, mit denen die anderen Völkern sogar in diplomatische Beziehungen eintreten können.
Im Siedlungsmenü kann man sich auch detaillierte Informationen über seine Finanzen, Nahrung, Unruhen und Arbeit anzeigen lassen. Dies ist insofern nützlich um ungünstigen Entwicklungen entgegen zu steuern, wie hohe Unruhen durch zu viel Arbeit. Gebäude lassen sich auch bauen, allerdings ist der Platz beschränkt und erweitert sich erst mit der Stadtgröße, ein Dorf verfügt über die geringste Anzahl an baubaren Gebäuden  und eine Großstadt am meisten. Jede Siedlung kann nur über einen Tempel oder Schule verfügen.
Zur Wahl stehen Gebäude die die Finanzen steigern, bestimmte Produkte erzeugen für den Handel, Unruhen senken oder Zufriedenheit erhöhen. Militärische Gebäude sorgen in der Regel für neue Einheiten oder mehr Rekrutierungsmöglichkeiten, die sind nämlich beschränkt. Es ist möglich, dass eine Siedlung acht Einheiten ausbildet, denn man hat die Auswahl zwischen verschiedenen Gruppen wie Bauern und Adlige und später auch ausgebildete Armeen. Jeder dieser Gruppen verfügt über eine maximale Anzahl an Rekrutierungen, bevor es einige Runden dauert bis man sie erneut anheuern darf. Die ausgebildeten Einheiten stehen aber sofort zur Verfügung.

In Entwicklung

Um Bauernhöfe, Straßen oder bestimmte Gebäude zu bauen, muss man diese erstmal erforschen. Dafür hat man das Forschungs- und Kulturfenster. Unterteilt in vier Bereichen, Macht, Handwerk, Gedanken und Wissen schaltet man sich über Zeit Entwicklungen frei, wie unter anderem den Ackerbau der dafür sorgt, dass man Bauernhöfe errichten kann. Schön ist, dass man nicht nur die Wahl einer Entwicklung hat aus den vier Bereichen, sondern von jedem Bereich eines erforschen kann. Und wie man es kennt, bauen manche Entwicklungen aufeinander auf, so dass man voraus planen sollte, wenn man etwas bestimmtes möchte. Selten benötigt man für eine Entwicklung in einem Bereich, wie z.B. Macht, eine aus einem anderem Bereich, welche nur dort erforschbar ist. Leider wird dies nicht richtig gekennzeichnet oder erklärt, so dass ich eine lange Zeit nicht wusste in welchen Bereich ich gehen muss um das Gewünschte zu erforschen.

Um in eine neue Zeit vorzudringen, muss man zuvor eine bestimmte Anzahl an Entwicklungen erforscht haben sowie ein bestimmtes Edikt erlassen.
Edikte sind sowas wie Gesetze die einmal pro Runde erlassen werden können und Zufriedenheit und Unruhen von Adligen und Bauern, die Finanzen oder MIlitäreinheiten beeinflussen. Manche von ihnen sind permanent, manche von ihnen können rückgängig gemacht werden, was Unruhen erhöht oder aber die Autorität untergräbt. Diese Autorität bestimmt wiederum die Anzahl möglicher Siedlungen. Überschreitet man die, könnte es zu Unruhen unter Adligen kommen oder gar zu Revolten.

Detaillierte Statistik

Wenn man Statistiken liebt, kann man sich auch seine kompletten Finanzen anzeigen lassen der jetzigen Runde, der vorigen Runde und des gesamten Spiels. Auch Spielerinformationen gibt es, die die Informationen deines gewählten Volks beinhaltet sowie die Siegbedingungen und den eigenen Einfluss in Kultur und Autorität. Außerdem ist es dort möglich die Technologie, die Verwaltung der Siedlungen und den Ackerbau automatisieren zu lassen.
Siegbedingungen gibt es vier verschiedene, Kultur, Eroberung, Sohn des Himmels und den Punktesieg. Mit Ausnahme des Punktesiegs, haben alle anderen Siegbedingungen gemeinsam, dass man das meiste besitzen muss, sei es Kultur oder Einwohner.
Um Sohn des Himmels zu werden müssen 75% der Einwohner der gesamten Karte einen anerkennen, dies gelingt indem das jeweilige Volk einen als Kaiser anerkennt, es erobert hat oder einem als Vasall dient.
Letztendlich bedeutet jedes dieser drei Siegbedingungen, dass man entweder sich ohne Krieg stark ausgedehnt hat, was kaum möglich ist, oder man alles kriegerisch bekämpft und einnimmt, denn die Gegner erkennen einen nur als Kaiser an, wenn man sie nahe an den Rand der Zerstörung bringt, Das gleiche wenn man sie als Vasall haben will. Als Kaiser anerkannt zu werden, bedeutet aber auch die diplomatischen Beziehungen dieser Völker hoch zu halten, ansonsten entziehen sie diese Anerkennung wieder. Meist ist es einfacher, diese Völker einfach als Vasall zu nehmen oder sie komplett zu zerstören.
Ein Vasall scheint jedoch mehr ein Nachteil als ein Vorteil zu sein. Vasallen unterliegen nicht der eigenen Autorität, aber dessen Einwohner werden wie eigene Einwohner gezählt. Aber gegen Vasallen können immer noch Kriege erklärt werden, selbst von Völkern mit denen man befreundet ist, was eigentlich nicht der Fall sein sollte. Immerhin bin ich der Lehnsherr und der Vasall kann ohne meine Zustimmung, zumindest diplomatisch, nichts tun. Wieso kann man also mit mir befreundet sein, aber meinem Vasallen den Krieg erklären? Wäre es nicht logischer, dass die Feinde meines Vasallen auf mich zugehen und Tribut verlangen als Entschädigung für vergangene Taten meines Vasallen?

Zwischen Diplomatie und Krieg

Die Diplomatie in solchen Spiel ist stets ein wichtiger Faktor, auch in Oriental Empires . Man hat einige Optionen zur Verfügung wie man mit seinem Gegenüber umgeht, so kann man typischerweise Friedensbündnisse und Verteidigungsbündnisse aushandeln oder Kriege erklären. Informationen zu Feinden, Geld, Siedlungen, Angriffe auf bestimmte Reiche, Vasallentum und Anerkennung des Kaisers sowie ein Handelsembargo sind in Verhandlungen nutzbar oder man verlangt sie einfach als Tribut. Siedlungen sind etwas eingeschränkter einsetzbar, so kann man sie nur für Friedensverhandlungen einsetzen oder aber nur denjenigen anbieten, denen sie zuvor gehört hatte.

Wenn Diplomatie letztendlich versagt, dann führt es unweigerlich zu blutigem Gemetzel. Im Gegensatz zu Civilization ist das Kampfsystem in Oriental Empires taktischer. Du kannst deinen Einheiten verschiedenen Strategien zuweisen, und das jeder der acht Einheiten im Stapel! So ist es möglich Fernkampfeinheiten Unterstützungsfeuer zuzuweisen, Einheiten auf Pferden flankieren zu lassen und deine stark gepanzerten Einheiten kannst du zur Verteidigung einteilen, um z.B. deine Fernkämpfer zu beschützen. So kannst du individuell dich auf deinen Gegner einstellen und je nach Situation die Taktik anpassen. Selbst für die Formation hast du immerhin noch vier verschiedene Möglichkeiten und wo die Einheiten stehen sollen darf man auch noch entscheiden.
Das Umpositionieren deiner Einheiten ist leider einer der schwierigeren Aufgaben im Spiel, denn wenn ich eine Einheit verrücke, kann es sein, dass sich andere Einheiten anders hinstellen. Veränder ich dass dann, verändert sich wieder etwas anderes. Wenn da ein System dahinter steckt, verstehe ich es nicht und habe auch keine Erklärung im Spiel dazu gefunden. Auch das links die Front ist, war mir erst sehr spät bewusst. Ich hab nämlich spät im Spiel das erste mal die Anordnung meiner Einheiten verändert, jede Veränderung hast du an deinen Einheiten auf der Karte gesehen. Dank deren Blickwinkel war mir also klar, dass meine Annahme, rechts sei vorne, falsch war. Damit ein Kampf stattfindet ist es nicht getan einfach die eigene Einheit auf die gegnerische zu ziehen, denn im Gegensatz zu Civilization werden Befehle in Oriental Empires erst am Zugende ausgeführt. Somit geschieht alles für alle Spieler gleichzeitig. Betreten zwei feindliche Parteien dabei angrenzende Felder kommt es zum Kampf. Auch in der nähe befindliche Einheiten die nicht direkt am Gegner angrenzen können dabei in den Kampf eintreten. Z.B. passiert es oft dass ein Kampf startet und später weitere Stapel in den Kampf eintreten weil sie sich nahe genug am Schlachtgeschehen befinden. Einen gegnerische Armee auszulöschen ist gar nicht so einfach, es gibt keine einzelnen Einheiten sondern jede Einheit ist ein Einheitenverbund. Dafür verfügen sie nicht über eine Lebensanzeige. Gekämpft wird selten bis zum bitteren Ende, vielmehr muss man über mehrere Runden die gegnerische Einheiten langsam, Stück für Stück ausradieren.

Der Kampf selber versetzt mich in Unbehagen, er scheint nicht richtig zu funktionieren. Die Taktiken meiner Einheiten werden nicht richtig umgesetzt, oft sind meine flankierenden Einheiten erst am Ort, wenn der Kampf schon gewonnen war oder meine Frontkämpfer sich im Rückzug befanden. Bei einem Angriff auf eine Stadt passierte es auch, dass meine Einheiten regungslos herumstanden. Weder meine Belagerungswaffen noch meine Nahkämpfer taten irgendwas. So erlitt ich Verluste um Verluste und egal welche Änderung ich unternahm, verändert hat es nichts. Das verpasste mir einen ganz schönen Dämpfer, denn selbst schwache, wenige Einheiten schafften es meinen großen Armeen Paroli zu bieten und mich dauerhaft aufzuhalten. Es gab einfach kein Weiterkommen mehr. Sobald ich es geschafft hatte die Armee des Gegners zu vernichten, kam schon die nächste. Für mich ist das Kampfsystem nicht nachvollziehbar und mir somit unmöglich mich zu verbessern. Ich hatte sogar stets die besseren Einheiten, da meine KI-Gegner selten moderne Einheiten nutzten.

Fazit

Oriental Empires ist eine umfangreiche und komplexe Rundenstrategie à la Civilization, welches sich vor diesem Urgestein nicht zu verstecken braucht. Es ist schön anzuschauen und verfügt über eine Zoomfunktion die einen in die Gesichter seiner Einheiten schauen lässt, als stünde man direkt vor ihnen. Kämpfe sind so selbst aus nächster Nähe zu betrachten und man kann dem Gewusel beim Massenkampf zusehen und beobachten wie die eigene Strategie, die individuell für jede Einheit einstellbar ist, funktioniert und wie der Gegner handelt. Leider ist das Kampfgeschehen selber unspektakulär und die Einheiten schlagen ungeschickt aufeinander ein. Die KI des Spiels ist verbesserbar, nicht immer befolgen Einheiten die ihnen zugeteilte Strategie oder Gegner nutzen nicht die gesamte Bandbreite ihrer Einheiten. Auf normal ist das Spiel in den Anfängen viel zu leicht und man erreicht schnell die Oberhand während man am Ende gefrustet wird, da Kämpfe nicht gewinnbar erscheinen trotz vollständiger Entwicklung des eigenen Reiches und es zu Pattsituationen kommen kann.  Die Diplomatie des Spiels kann man durchaus als umfangreich bezeichnen, es bietet viele Optionen mit den anderen Spielern zu verfahren, sei es sie zu Verbündeten zu machen, ihnen den Krieg zu erklären oder gemeinsam Reiche anzugreifen. Die zu bauenden Gebäude könnten umfangreicher sein und ich vermisse spezielle Gebäude wie Wunder, die nur einmal auf der Karte verfügbar sein dürfen. Auch die Siegbedingungen sind mir zu sehr davon abhängig einen Großteil der Einwohner zu kontrollieren.
Trotz einiger Patzer macht Oriental Empires vieles richtig und entfaltet eine ähnliche Sogwirkung wie Civilization und die Zeit fließt beim Taktieren und Erobern davon. Nach jahrelanger Pause hat mich dieses Spiel wieder daran erinnert, wie toll diese Art der Rundenstrategie ist.

Good

  • Verschiedene Strategien einzelner Einheiten
  • Hübsche Grafik
  • Chinesisches Setting

Bad

  • Nicht so tolle KI
  • Kampfverhalten der Einheiten nicht nachvollziehbar
  • Wenige Einheiten können große, bessere Armeen aufhalten
  • Siegstrategien sind sich zu bähnlich
7.5

Befriedigend

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