Sniper Ghost Warrior 3

Die vorherigen Teile der Sniper Ghost Warrior Reihe konnten die Spieler in vieler Hinsicht nicht überzeugen. Das Entwicklerstudio CI Games hat sich jedoch nicht davon abbringen lassen einen weiteren Nachfolger auf den Markt zu bringen. Ob sich die lange Entwicklungszeit von Sniper Ghost Warrior 3 gelohnt hat erfahrt ihr in unserem aktuellen Testbericht

Schwacher Einstieg in die Story
In Sniper Ghost Warrior 3 finden wir uns vor den eigentlichen Geschehnissen des Spieles in einem Prolog wieder, der hauptsächlich die Beziehung zwischen dem Protagonisten Jonathan North und seinem Bruder Robert in den Vordergrund setzen soll. Zwei amerikanische Scharfschützen, welche als unzertrennliches Team für die CIA arbeiten.

Zwei recht unspektakulär und schwammig wirkende Zwischensequenzen versuchen somit schon einmal das Grundkonstrukt für die spätere Geschichte aufzubauen, um eine mögliche Dramatik mit einfließen zu lassen. Daran anknüpfend erhalten wir auch die ersten Einblicke der Kampagne durch das hauseigene Tutorial, welches uns in die Grundelemente des Spieles versucht einzuweisen. Dies wirkt zumindest recht solide und nicht sonderlich aufgezwungen. Es werden so zwar die Grundsteuerungen vorgestellt, jedoch muss man diese nicht penibel abarbeiten, um zum nächsten Areal vordringen zu können. Die eigentliche Kampagne von Sniper Ghost Warrior 3 beginnt mit einem endenden Cliffhanger des Prologes, in welchem unser Bruder Robert von Unbekannten verschleppt wurde.

Einige Zeit nach den Geschehnissen des Prologes beginnt die eigentliche Hauptgeschichte von Sniper Ghost Warrior 3. Genauer gesagt führt uns die Geschichte nach Georgien, nahe der russischen Grenze, wo seit einiger Zeit ein blutiger Bürgerkrieg herrscht und die Separatisten bereits die Macht über die Region übernommen haben. Unser Auftrag ist recht einfach erklärt, denn wir sollen die eigentliche Ordnung für die Zivilbevölkerung wiederherstellen. Neben dem eigentlichen Hauptziel verfolgt der Protagonist Jonathan North durchaus auch seine eigenen Ziele. Denn sein vermisster Bruder wird Gerüchten Zufolge in demselben Gebiet in Georgien vermutet. Ob das Zufall ist?

Der geschichtliche Hintergrund versucht zumindest eine kinoreife Vorstellung hinzulegen. Leider funktioniert dies jedoch nicht so, wie sich der Entwickler CI Games das gewünscht hat. Denn irgendwie ist stets ein fader Beigeschmack, welcher zunächst einen B-Movie Charakter besitzt. Unverständlicherweise wurde schon bei den Zwischensequenzen kaum Wert auf Glanz gelegt. Die gerenderten Videos wirken sehr schwammig. Dies wäre vielleicht noch nicht einmal derart negativ aufgefallen, wenn da nicht zusätzlich noch die schlechten deutschen Synchronsprecher gewesen wären. Die einzelnen Dialoge, welche sehr klischeehaft und plump wirken, werden nur noch durch die lustlose Darstellung der deutschen Synchronsprecher getoppt. Und diese beschränken sich leider nicht nur auf die einzelnen Sequenzen, sondern auf sämtliche Interaktionen, bei welcher auf die Sprachausgabe zurückgegriffen wurde. Entsprechend leidet die Darbietung der geschichtlichen Ereignisse rund um die brisante Lage in Georgien sowie die Dramatik auf der Suche nach dem eigenen Bruder.

Offene Spielwelt
Endlich wurde in Sniper Ghost Warrior 3 Abschied vom tristen und vorgefertigten Leveldesign der Vorgänger genommen. Erstmals konnten wir uns somit frei in einer Welt in Georgien bewegen, in der es hoffentlich allerhand Dinge zu entdecken gibt. Mit dieser Vorstellung haben wir zumindest die ersten Spielminuten erleben dürfen. Viel zu schnell ist jedoch die anfängliche Euphorie verflogen, da es lediglich drei größere Gebiete zu entdecken gibt. Zu unserer Enttäuschung wirkten diese zudem nicht nur trist dargeboten, sondern auch fast Menschenleer. Mit etwas Glück konnten wir sogar ein verirrtes Reh oder gar einen einheimischen Zivilisten auf dem Weg zu unserer nächsten Mission entdecken. Dies wirkt jedoch auf längere Sicht alles andere als belebt oder gar realistisch.

Die offene Spielwelt ist ansonsten eigentlich selbsterklärend und lehnt sich entsprechend vom Handling betrachtet an andere Titel desselben Genres an. So werden markante Bereiche der offenen Spielwelt unter anderem durch Fragezeichen dargestellt. Diese stellen sozusagen einen „Interessenpunkt“ dar, welche für die gewisse Abwechslung zwischen den Missionen sorgen sollen.  In diesen Bereichen stoßen wir in den meisten Fällen auf Schnellreisepunkte und Ressourcen, die wir für das spätere Crafting-System nutzen können. Ab und zu stößt man noch auf einige Entführer, welche eine gewisse Anzahl von Zivilisten gefangen halten. In diesen Bereichen wird man mit der Befreiung der einheimischen Personen entsprechend belohnt. Obwohl dies anfänglich recht erfrischend und abwechslungsreich wirkt, wiederholen sich diese Areale nur zu häufig. Insofern konnten wir uns bereits nach der dritten Entführung nicht mehr dazu aufraffen unsere Mühen zur Befreiung aufzubringen. Dies auch nur, weil es keinen spielerischen Mehrwert gab.

Die weiteren Markierungen der Karte deuten lediglich aktuelle Missionen an oder heben gefährliche Bereiche hervor, welche von den Separatisten beherrscht werden. Jedoch wirken auch diese leider an manchen Stellen wie ausgestorben. Wie oft haben wir uns an einen vermeintlich gefährlichen Außenposten herangeschlichen und etliche Minuten mit dem Ausspähen verbracht. Außer der verlorenen Zeit waren viele Außenposten tatsächlich Menschenleer gewesen. Verwunderlich nur, warum diese auf der allgemeinen Karte als gefährlich eingestuft wurden.

Einmal vor die Linse!
Positiv anzumerken ist, dass das eigentliche Kernelement von Sniper Ghost Warrior 3, dem Snipen, wirklich gut in Szene gesetzt wurde. Viele Missionen wurden entsprechend so konzipiert, dass man von verschiedenen Anhöhen aus agieren muss. Demnach liegt der Fokus deutlich auf eine subtile Vorgehensweise mit dem Scharfschützengewehr, anstelle auf rohe Waffengewalt à la Rambo & Co zurückzugreifen. Neben der eigentlichen Auseinandersetzung ist das Auskundschaften der Gegner von großer Wichtigkeit für den Erfolg einer jeden Mission. Hierfür können wir bequem auf eine leicht zu bedienende Drohne zurückgreifen. Mithilfe dieser können wir unser Einsatzgebiet nicht nur aus luftiger Höhe im Vorfeld betrachten, sondern auch sämtliche Gegner markieren. Als letztes müssen wir unser Gewehr nur noch in der Zoom-Ansicht per Rädchen auf die entsprechende Entfernung einstellen, auf den Windeinfluss achten, den Atem einhalten und unsere Ziele endlich ins Jenseits schicken.

Dies klingt in der Theorie zwar recht einfach, stellt jedoch in den höheren Schwierigkeitsstufen tatsächlich eine größere Herausforderung dar. Für alle Neueinsteiger, welche in einer niedrigeren Schwierigkeitsstufe starten wollen, wurde zumindest eine kleine Hilfestellung eingebaut. Es wird nämlich, ähnlich wie in den Vorgängern, eine Zielhilfe via roten Punkt geben. Dieser berechnet automatisch den Windeinfluss und sagt hervor, wo die Kugel im Ziel genau eintreffen wird. Wir müssen nur noch lediglich das Rädchen auf die richtige Entfernung einstellen. In höheren Schwierigkeitsgraden stellt gerade dieses Feingefühl eine größere Herausforderung dar. Insbesondere auf einer Entfernung von mehreren hundert Metern. Aber sind wir mal ehrlich, die Zufriedenheit wird aber auch ins unermessliche gehen, wenn man einen perfekten Treffer über eine sehr große Distanz treffen wird.

Die Charakterentwicklung steht im Vordergrund
Neben den actionreicheren Passagen versucht das Entwicklerstudio CI Games einen weiteren Fokus auf die individuelle Charakterentwicklung zu setzen. Für alle Aktionen gibt es demnach Erfahrungspunkte. Je nach Spielstil wird man einen der drei vorhandenen Skillbäume (Geist-, Sniper- & Krieger-Skilltree) entsprechend ausbauen können. Sollten sich die Spieler für einen etwas subtileren Stil entscheiden und die Gegner entsprechend aus der Nähe töten, so werden diese mehr Erfahrungspunkte für den Geist-Skilltree erhalten. Für diejenigen, die gerne aus der Entfernung und der Deckung via Scharfschützengewehr agieren wollen erhalten entsprechende Punkte im Sniper-Skilltree. Für die brachiale Nutzung des Sturmgewehres werdet ihr mit weiteren Punkten für den Krieger-Skilltree ausgestattet.
Obwohl die verschiedenen Stile zwar eine gewisse Richtung vorgeben wird man zu keiner Zeit im Spiel gezwungen sein stets eine Linie zu fahren. Ihr könnt jederzeit einen anderen Spielstil einschlagen, falls euch die rabiate Methode auf die Dauer zu eintönig werden sollte.

Wenn nach einiger Zeit genügend Erfahrungspunkte gesammelt wurden kann man diese in den entsprechenden Sektoren verteilen. Der Skilltree ist dahingehend recht klassisch aufgebaut und beinhaltet kaum unbekannte Neuerungen. So wird es einfache Fähigkeiten zu Beginn geben, welche jedoch für bessere Boni zunächst ausgewählt werden müssen. Etwas ungewohnt erscheint es anfänglich nur, dass wir gleichermaßen alle Skill-Bäume bedienen können, wenn wir nur in den jeweiligen Bereichen unseren Spielstil anpassen. Vielleicht hätte eine Spezialisierung an dieser Stelle durchaus Sinn gemacht. Vor allem auch hinsichtlich des Mehrspielwerts. Aber vielleicht ist dies auch doch nicht so ganz verkehrt, da es in Sniper Ghost Warrior 3 lediglich einen Speicherstand gibt. Es ist also nicht möglich zwei Spielstände zu erstellen. Warum CI Games so eine Einschränkung vollzogen hat ist uns zunächst einmal ein Rätsel.
Aber auch die Fähigkeiten fallen recht nüchtern aus, denn auch dort fallen kaum größere Innovationen ins Auge. So werten wir unseren Charakter nach längerer Spielzeit mit den klassischen Bonis aus, zu denen zum Beispiel eine höhere maximale HP, mehr mitführbare Objekte (Handgranaten, etc.) oder gar eine Verbesserung in der Lautstärke unserer Schritte beim Schleichen gehören.

Ein weiterer großer Bereich sollte eigentlich das Crafting-System darstellen, wie wir es aus vielen anderen Titeln gewohnt sind. Dieses schaut auf den ersten Blick zwar recht ordentlich aus, birgt aber keine große Vielfalt in sich. Es werden lediglich Ressourcen benötigt, welche wir in Kisten oder im Loot getöteter Gegner gefunden haben. Selbst gefundene Waffen können wir auseinander schrauben, um die Materialien später für unsere Zwecke zu verwenden.

Hauptsächlich mussten wir das crafting nur nutzen, um unseren Munitionsvorrat aufzubessern. Denn weitere Kugeln wird man versehentlich in der tristen virtuellen Welt von Georgien suchen müssen. Interessant ist allerdings, dass man hierbei zumindest verschiedene Arten herstellen kann. Somit sind wir nicht nur auf die klassischen Kugeln beschränkt, sondern können auch unter anderem Explosivgeschosse herstellen. Früher oder später wird man für die verschiedenen Gegnerarten andere Munitionsarten verwenden müssen.

Des Weiteren kann man auch neues Waffenzubehör zusammenwerkeln, welche sich früher oder später noch als nützlich erweisen sollen. Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit gewisse Gegenstände zu reparieren. Denn mit der Zeit, je nach Nutzungshäufigkeit, werden gewisse Gegenstände abnutzen. Der Schalldämpfer ist an dieser Stelle ein klassisches Beispiel. Es wird sehr oft und gerne genutzt, darum ist es auch recht wichtig diesen entsprechend zu pflegen.

Das Crafting-System sieht zwar recht interessant aus, ist aber weder tiefgründig noch zeitfressend. Und würden wir nicht auf die selbst hergestellten Kugeln und Reparaturen angewiesen sein bezweifle ich, dass wir dieses häufiger genutzt hätten. Des Weiteren kann nur in dem eigenen Unterschlupf an neuen Sachen gewerkelt werden. Sollte uns demnach einmal auf offenem Feld oder in einer Mission die Munition ausgehen haben wir keinerlei Möglichkeit etwas herzustellen. Aber da uns der Weg sowieso nach jeder Mission in den Unterschlupf führt, müssen wir uns nur entsprechend ausstatten. Denn die nächsten Missionen können nur am dortigen Laptop ausgewählt und gestartet werden.

Fazit:
Sniper Ghost Warrior 3 hebt sich zwar deutlich von seinen Vorgängern ab, kann jedoch nicht mit der derzeitigen Konkurrenz mithalten. Das neue Gameplay und die Thematik waren gut angedacht, aber leider nicht ganz durchdacht in der Umsetzung. Irgendwie wurde mehr Wert auf eine Vielzahl von Features gelegt, als sich auf ein paar wenige zu beschränken.
Hinsichtlich der nicht durchdachte Umsetzung sei an vorderster Stelle die wirklich grauenhafte Vertonung der deutschen Synchronsprecher genannt. Ich meine, der geschichtliche Hintergrund hätte wirklich besser und dramatischer (vor allem mit unvorhersehbaren Wendungen) bestückt werden können. Aber selbst wenn John Cameron die Regie übernommen hätte, würden die Sprecher noch den besten Blockbuster herunterziehen.
Des Weiteren wirkt die Open World Umgebung leider viel zu oft wie ausgestorben. Selbst an vermeintlich gefährlichen Außenposten war teilweise niemand zu finden. Aber das war teilweise auch ganz gut so, da die sehr schwammige Steuerung der Fahrzeuge an manch einer Stelle schwer zu Händeln war.
Im Großen und Ganzen kann man sich mit Sniper Ghost Warrior 3 schon ein paar Stunden vertreiben, wenn man bereit ist einige Abstriche zu machen.

Good

  • Einsteigerfreundliches Gameplay
  • Verschiedene taktische Möglichkeiten
  • Große Auswahl an Waffen und Modifikationen
  • Tag & Nachtwechsel

Bad

  • Sehr emotionslose Sprachausgabe
  • Schwammiges Fahrverhalten
  • Keine tiefgreifende Storyline
  • Verwaschene Zwischensequenzen
  • Offene Spielwelt wirkt sehr unbelebt
7

Befriedigend

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