Mein Held kriegt’s Maul nicht auf

Mein Held kriegt’s Maul nicht auf

Meine Spielfigur wird angeflirtet und angepöbelt, ihr fliegen Kugeln und Granaten um die Ohren, Kinder flehen sie um Hilfe an. Doch was macht sie? Steht da, als wenn ihr jemand die Zunge rausgeschnitten hätte. Oder hat sie als Mönch ein Schweigegelübde abgelegt? Nein, eher wie ein Soziopath, der mit den emotionalen Ergüssen der NPCs in The Division 2 nichts anfangen kann. Was hat Ubisoft da nur geritten?

Gleich zu Beginn des Spiels wird klar, was fehlt. Mein Held, der der Zivilbevölkerung von Washington ihr Überleben sichern soll, hat keine Stimme. Die Anführerin eines notdürftig zusammengezimmerten Camps redet unablässig auf mich ein, erklärt mir, dass es an allen Ecken und Enden hapert. Ihre Tochter ist verschollen, ihr kleines Mädchen, die Mutter ist den Tränen nahe. Was macht meine Spielfigur, der spezielle Spezialagent? Wankt von einem Fuß auf den anderen, starrt riesige Löcher in die Luft, nickt kurz steif und dreht sich um. Echt jetzt?

Einen größeren Immersionsbrecher hätte Ubisoft kaum einbauen können. Alle Quest-NPCs könnten ihre Sorgen auch der Wand hinter mir erzählen, es würde keinen Unterschied machen. Selten hat eine Spielfigur so unbeteiligt gewirkt. Als wäre sie auf Drogen und kriegt gar nichts mit. Vielleicht ist es ihr auch egal und sie will nur schnell zum nächsten Questziel. Das mag vielen Spielern recht sein, die nur schnell das Endgame erreichen wollen. Ich aber nicht, für mich ist der Weg das Ziel. Und meine Spielfigur hat gefälligst nicht wie ein Ölgötze dazustehen, wenn um sie herum die Emotionen überkochen!

Lost Password